Projektentwicklung Indien Dezember 2014

von Caroline Seidel

Wenn ich behaupten würde, die Reise wäre angenehm gewesen – es wäre eine glatte Lüge. In Bangalore angekommen (nach 36h Flug bzw. nächtigen an Flughäfen etc.) begann die eigentliche Herausforderung: die 40kg Gepäck nach Sullia zu bekommen. Keine „leichte Aufgabe“. Der eine Koffer mit den Geschenken hatte bei dem Transport schon so sehr gelitten, dass er erste Löcher aufzuweisen hatte. Mit Mühe und Not meistere ich die erste Hürde – vom Flughafen zum Bus – allein diese 15min waren Hölle. Nach 2h auf den wundervoll ausgebauten indischen Straßen kam ich am zentralen Busbahnhof von Bangalore an. Es war ein Glücksfall gewesen, dass ich den letzten Bus Richtung Sullia erwischte. Doch dann der erste Schreck. Mein Geld reichte leider nicht fürs Ticket...

Ich sah mich schon auf der Straße nächtigen und betteln, als mir freundliche Mitpassanten den restlichen Betrag sponserten. Auch zum Mittagessen wurde ich eingeladen. Manchmal muss man einfach Glück haben :)

Nach 3 weiteren Buswechseln (indische Busfahrer halten generell nicht an – das Bild von mir halb tot mit 4 Taschen dem Bus hinterher rennend muss wundervoll gewesen sein...) erreichte ich mitten in der Nacht endlich mein finales Ziel: SULLIA!

Sullia

Nachdem ich an meinem ersten Tag doch etwas gesundheitlich schwächelte, ging es nun mit vollen Tatendrang in die Schule. Pünktlich um 9:30 kam ich an. Die Freude war groß. Zunächst wurde gemeinsam getanzt – dann gemalt. Leider waren viele Kinder an diesem Tag nicht anwesend, wegen eines Fiebers. Dafür gab es einige neue Gesichter.

Als es dann endlich zur Geschenkübergabe kam, gab es kein Halten mehr. Es klingt kitschig, aber die freudigen Gesichter zu sehen, machte die Strapazen der letzten Tage fast zunichte. Es wurde daraufhin gemalt, gebastelt und gezeichnet. Später besuchte ich zusammen mit unserem Partner vor Ort, Sadashiv, einige der Kinder, die heute krankheitsbedingt nicht zur Schule kommen konnten, zuhause. Unsere Reise führte uns quer durch den Urwald – über Straßen, die man nicht als Straßen bezeichnen konnte. Leider reichte die Zeit nicht, um alle Kinder zu sehen, doch ein bisschen Christkind zu spielen war wunderbar. Nicht nur die Kids waren überrascht über den Besuch der „weißen Frau“ - auch für Nachbarn und Bekannte war das ganze ein tolles Spektakel. Dank vieler Spenden konnte ich auch für jedes Kind eine Kleinigkeit aus meiner Tasche zaubern.

Es war interessant und zugleich erschreckend zu sehen, in welchen Verhältnissen die Kinder aufwachsen – ein Grund mehr, warum dieses Projekt so wichtig ist. Erst als es dunkel wurde (und gefühlte 100 Dörfer später) kehrten wir zurück zu Sadashivs Haus.

Tenali

Der Klassiker – mein Zug hatte 4h Verspätung... müde und unglaublich fertig kam ich in den frühen Morgenstunden in Swadhar an. Nach einem kurzen Powernap ging es auch schon nach Nallapadu zu unserem Dorfprojekt. Über 100 Kinder warteten schon bei meiner Ankunft gespannt. Es war ein unglaublich schöner, aber zugleich auch unglaublich anstrengender Tag. Viele Kids freuten sich über ihre erste Post aus Deutschland. Es wurden fleißig Antwortbriefe geschrieben, Bilder gemalt und gebastelt. Überall freudige Gesichter. Die meisten bekamen überhaupt zum ersten Mal ein Geschenk. Es gab Kuchen, Limo und es wurde gesungen. Kurz um – ein sehr gelungenes Weihnachtsfest. Am Ende des Tages haben wir etwa 250 Kinder glücklich gemacht!

...und den elenden Koffer hab ich einfach dort gelassen – der war nämlich nach dem Tag leer ;)

Dann war endlich Weihnachten!!! Wie lange habe ich mir schon gewünscht dieses Fest mit „meinen Mädels“ in Swadhar zu feiern? Ewig! Dieses Jahr war es soweit!

Und zu einem gelungenen Weihnachten gehört natürlich auch die Bescherung. Die Kids haben sich unglaublich über die neuen Kleider und Post gefreut. Überall nur strahlende Gesichter. Anschließend sind wir raus zum Spielen und dann kam der Supergau des Tages. Ich musste mein Versprechen nun endlich einhalten: Ich wurde umgestylt. Handicap für die Hände, eine Flechtfrisur, Sticker im Gesicht, ein Glitzerkleid (das ich freiwillig niemals tragen würde). Die ganze Prozedur dauerte ganze 1,5h...und ich war fertig (im wahrsten Sinne des Wortes) – Indien-Caro...

So ging es dann zusammen mit den Kids um 22:00 Uhr zur Kirche. Unter einem Zelt vor der Kirche feierte ich zusammen mit fast 700 Christen die Christmette. Es war ein sehr langer Gottesdienst, mit ganz viel Gesang. Die Hälfte der Gläubigen schlief auf ihren Stühlen. Weit nach Mitternacht waren wir zurück im Heim.

Aufgrund des straffen Programms war dann auch schon wieder Verabschiedung angesagt...

Wie immer kein Abschied für immer, dennoch war es sehr hart.

Trichy

Morgens um 5:00 Uhr kam ich in Trichy an. Nach 3h Schlaf wurde ich von den Kids mit großer Freude begrüßt! Natürlich hatten die Mädels mitbekommen, dass ich angekommen war und so wurde den ganzen Morgen vor meinem Zimmer hin und her geschlichen...

Es gab einiges zu erzählen – und natürlich wurde schon sehnsüchtig auf die Post gewartet!

Es wurden Bilder herumgereicht, Sticker getauscht und jedes Kind war einfach glücklich. Da die Mädchen Ferien hatten, konnten wir erzählen, spielen und tanzen! Es war ein toller Vormittag. Später am Tag stand der Besuch unseres Schulprojektes an. Wir unterrichten im Slum seit Januar 2013 Kinder, die ohne dieses Angebot keine Möglichkeit auf Bildung hätten. Auch wenn es kein offizieller Schultag war (da Sonntag) kamen fast die Hälfte um mich zu begrüßen. Inzwischen können wir fast 170 Kinder sechs mal die Woche unterrichten. Es hat sich auch hier einiges getan. Vom Lern- und Lehrmaterial bis hin zu der Projektstruktur. Es gibt aber nach wie vor noch zu viele Kinder die unser Angebot nicht nutzen können, da wir zur Zeit weder die finanziellen Mittel noch den Platz haben diese aufzunehmen. An diesem Mittag habe ich die Kinder mal zuhause besucht um einen besseren Überblick zu bekommen – es gibt noch viel für uns zu tun! Natürlich habe ich auch hier (wenn auch etwas verspätet) Christkind gespielt! Vor allem über die Stifte und Luftballons haben sich die Mädchen und Jungen gefreut.

Abends haben die „JMJ-Mädels“ und ich zusammen gegessen und noch ein wenig gespielt. Den Nachmittag über, waren alle mit Malen und Briefe schreiben beschäftigt. Sie haben sich wirklich Mühe gegeben.

Dann ging es auch schon wieder zum Bahnhof – nach nur 21h...

Sullia

Vor meiner Heimreise verbrachte ich noch zwei Tage in Sullia um Organisatorisches für unseren Schulbau zu klären. Außerdem konnte ich nochmal unsere Kids in der Schule sehen!

Die Zeit in Indien war natürlich viel zu kurz. Gerne hätte ich überall mehr Zeit verbracht, aber es war eine wunderschöne Zeit und sehr motivierend zu sehen, was sich alles verändert hat! Mit einem kleinen Sonnenbrand auf der Nase ging es schließlich zurück ins kalte Deutschland.